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Melanie von Steinsdorff

Gründerin von Lumera Health

Perfektionismus verstehen

Was wirklich hinter Deinem hohen Anspruch steckt

Du willst es richtig machen. Möglichst fehlerfrei. Vielleicht sogar makellos. Doch dieser hohe Anspruch kostet Kraft. Er raubt Dir Schlaf, erzeugt Druck – und macht selten wirklich zufrieden.
Doch was steckt eigentlich hinter Perfektionismus? Und wie viel davon ist gesund?

 

Was ist Perfektionismus überhaupt?

Perfektionismus beschreibt das Persönlichkeitsmerkmal, besonders hohe Standards an sich selbst (und manchmal auch an andere) zu stellen und sich dabei stark an Leistung und Fehlervermeidung zu orientieren.

 

Laut aktueller Forschung gibt es zwei Hauptformen:

  1. Funktionaler (adaptiver) Perfektionismus: z. B. sorgfältiges Arbeiten, ein starkes Verantwortungsgefühl, Streben nach Qualität.
  2. Dysfunktionaler (maladaptiver) Perfektionismus: z. B. übermäßige Selbstkritik, Angst vor Fehlern, chronische Unzufriedenheit, Aufschieben aus Angst, es nicht „gut genug“ zu machen.

Wichtig: Es geht nicht darum, ob Du hohe Ansprüche hast – sondern wie Du damit umgehst und welche Folgen sie für Dich haben.

 

Woher kommt Perfektionismus?

Perfektionismus ist kein angeborenes Verhalten, sondern entwickelt sich über Zeit, durch Erziehung, Gesellschaft und eigene Erfahrungen.

 

Typische Ursachen:

  • Frühe Lernerfahrungen: Lob für Leistung, Kritik bei Fehlern, hohe Erwartungen in der Familie.
  • Bindung und Beziehungserfahrungen: Wer früh das Gefühl hatte, nur dann geliebt zu werden, wenn er oder sie etwas leistet, kann einen überhöhten Leistungsanspruch verinnerlichen.
  • Gesellschaftlicher Druck: Soziale Medien, Notensysteme, Leistungsgesellschaft – sie alle vermitteln unbewusst: „Du bist nur so viel wert wie das, was Du schaffst.“

Quelle: Stoeber, J., & Otto, K. (2006). Positive conceptions of perfectionism: Approaches, evidence, challenges. Personality and Social Psychology Review, 10(4), 295–319.

 

Was steckt wirklich dahinter?

Hinter Perfektionismus steckt oft nicht nur ein Wunsch nach Qualität, sondern ein tieferes Bedürfnis:

  • Gesehen und anerkannt werden
  • Sicherheit durch Kontrolle
  • Angst, nicht genug zu sein
  • Vermeidung von Ablehnung oder Kritik

Der innere Antreiber lautet dann häufig: „Wenn ich es perfekt mache, kann mir niemand etwas vorwerfen.“
Doch das erzeugt enormen Druck und verhindert oft genau das, was eigentlich gewünscht ist: Echtheit, Verbindung und Leichtigkeit.

Quelle: Frost, R. O., Marten, P., Lahart, C., & Rosenblate, R. (1990). The dimensions of perfectionism. Cognitive Therapy and Research, 14(5), 449–468.

 

Wann wird Perfektionismus problematisch?

Perfektionismus kann Dich motivieren, oder lähmen. Es kommt auf die Balance an. Kritisch wird es, wenn:

  • Du Aufgaben aufschiebst oder nie abschließt („Es ist noch nicht gut genug“)
  • Du ständig zweifelst, selbst nach guter Leistung
  • Du Dich selbst hart verurteilst, während andere Dich loben
  • Du Dich überfordert, erschöpft oder innerlich leer fühlst

In Studien zeigt sich: Maladaptiver Perfektionismus ist ein Risikofaktor für Depressionen, Angststörungen, Essstörungen und Burnout.

Quelle: Limburg, K., Watson, H. J., Hagger, M. S., & Egan, S. J. (2017). The relationship between perfectionism and psychopathology: A meta‐analysis. Journal of Clinical Psychology, 73(10), 1301–1326.

 

Was hilft?

Du musst Deine Ansprüche nicht abschaffen, doch Du darfst sie hinterfragen:

  • Was ist mein echtes Ziel?
  • Wem will ich eigentlich genügen?
  • Wie würde ich mit einer guten Freundin sprechen, die gerade zweifelt?
  • Was bedeutet „gut genug“ für mich und wo setze ich das Maß zu hoch?

Oft hilft auch eine gezielte Begleitung, z. B. in Form von psychologischer Beratung, Coaching oder Therapie, um alte Glaubenssätze zu erkennen. Denn nur wer sich Unbewusstes bewusst macht, kann an den eigenen Verhaltensmustern aktiv arbeiten.

Fazit: Perfektionismus ist kein Fehler, aber auch kein Maßstab

Dein hoher Anspruch hat Dich vielleicht weit gebracht, aber manchmal braucht es Mut zur Lücke, um wieder freier atmen zu können. Perfektionismus kann ein Schutz sein, doch Du darfst Dir auch erlauben, einfach Mensch zu sein.

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